Des Dunklen helle Seite

Des Nächtens dürfen wir Dinge sehen, die wir oft überhaupt nicht glauben mögen, in der Erinnerung leicht durcheinanderbringen, verbiegen oder schlichtweg ignorieren und wenn wir nicht aufpassen, rutscht alles sekundenschnell ins allgemeine Vergessen. Wie festgezurrt klappt der Tag unsere vermeintliche Wirklichkeit nach oben und versteckt das Gesehene, als sei es einer der Punkte im Yin und Yang.

Doch manchmal bleibt das Geträumte, manchmal mag es nicht gehen …

Foto von Aron Visuals auf Unsplash

Die Lichter des Zimmers verlöschen. Eine gerade Linie an der gegenüber liegenden Schlafzimmerwand mogelt sich durch die Jalousie, um ein klein wenig dem Surrealen Vorschub zu leisten. Alles ist ruhig, sogar dem klickenden Sekundenzeiger der Küchenuhr ist für unbestimmte Zeit die Batterie entzogen. Die Nacht braucht keine zusätzlichen Geräusche. Ausnahmen akzeptiere ich nur von einer Feuerstelle oder dem Meer.

Stille breitet sich in mir aus. Meine Gedanken schaffen es immer weniger in den Vordergrund. Alles kommt zur Ruhe, als könnten sich die Buchstaben der gedachten Worte vor lauter Erschöpfung nicht mehr aufrecht halten. Das Darüber-Nachdenken leuchtet noch etwas nach und irgendwo am Rande meiner Selbst registriere ich das wohltuende Hinabsteigen in die Tiefen des Unterbewusstseins:

Hier ist alles anders. Hier wohnt keine Schwerkraft, kein Oben oder Unten, kein Nah oder Fern. Alles liegt im Zeitlosen, der Nullzeit meines Daseins; ohne Sekunden oder Stunden.

Foto von Natalia Luchanko auf Unsplash

Von jetzt auf gleich stand ich inmitten eines riesigen Butterblumenfeldes. Unzählige strahlende gelbe Punkte nickten sich gegenseitig zu. Es war weder Tag noch Nacht, irgendetwas dazwischen, vielleicht die Blaue Stunde, die ich so gerne mag.

Doch das wirklich darüber hinaus Beeindruckende war der Mond, der den leichten Hügel des Feldes fast zu umarmen schien. Einen kleinen Moment ging ich umher und jeder meiner Schritte holte ihn näher, als zöge ich an einem unsichtbaren Band.

Ich durfte wählen, das wusste ich. Es war ein Wissen, als könnte ich sagen, gleich regnet es oder die Sonne geht unter oder ein Gewitter kommt auf, ein Wissen ohne Wenn und Aber.

Ich könnte mir tausend wirbelnde Blütenblätter wünschen oder Regenbogenglitzer zum Abpflücken aus der Luft oder herumfliegende kleine Feen, die mit mir kichernd über die Wiese gehen. Ich bräuchte nicht auf etwas zeigen, ich bräuchte nur den Hauch eines Gedankens formieren, sammeln, zusammenknüpfen oder mit Bildern malen … ich bekam alles.

Ich nickte und verstand. Ein Kribbeln fuhr durch mein Empfinden, halb Vogel, halb Frau sah mich die Nacht …

Selbst wenn sich Träume unwirklich anfühlen, so sind sie ein realer Teil des eigenen Daseins. Maßstäbe passen hier nicht, Rahmen auch nicht, wie auch, es ist pure Kreativität. Hier wohnt die schöpferische Kraft.

Jede Nacht erhalten wir eine Einladung, einen Blick auf die eigene Rückseite des Mondes zu wagen. Es ist sehr persönlich und bestimmt nicht immer einfach, aber …

sie schenkt uns sogar Flügel, um zu fliegen.