Elegantia

Die Arbeit mit dem Jo besitzt Facetten, die mit dem Ein- und Ausatmen, mit der Haltung, mit der Konzentration und mit dem Mut im Herzen sich von unterschiedlichen Seiten zeigt, als besäße der Körper ein eingebautes Kaleidoskop, das mit Farben spielt. Es ist nichts Lautes; es ist etwas Stilles, es ist etwas, das gefunden werden will …

Das Miteinander in einer Kata besteht aus zwei Elementen: Angriff und Verteidigung. Sie gleichen zwei Episoden in einer Geschichte, die sich gegenseitigen beeinflussen, aufeinander aufbauen und immer wieder abholen. Die Intensität des Tuns entwickelt sich dadurch in eine fast greifbare Substanz. Sie fährt auf Wellen, die manchmal den Verteidiger quer durch das ganze Dojo treibt.

Bei all der Wirbeligkeit und dem lauten Knallen der Stöcker, bei all den mitunter raumgreifenden Bewegungen und den schnellen Schrittwechseln, zeigt sich bei den Fortgeschrittenen etwas ganz Besonderes:

Die absolute Präzision in der Handhabung der Waffe und die Kontrolle über den eigenen Körper fließen im wilden Fluss der Bewegung. Nichts Seichtes oder Weiches tummelt sich in diesem Strom, sondern eine reduzierte Effektivität, die der Notwendigkeit eines „Kampfes“ entspricht; wobei der ursprüngliche und mittlerweile wirklich veraltete Ansatz eines Gewinnens und Verlierens innerhalb einer festgelegten Form keinen Raum besitzt, jedenfalls nicht im Miteinander.

Der Geist bleibt notwendigerweise konzentriert und erfährt mit dem Körper das höchste Maß der eigenen Selbstwirksamkeit.

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Erlaube ich den Gedanken ein Abschweifen in den vergangenen Alltag oder einen Fokus auf das Kommende, dann öffne ich dem Gegenüber durch eine Art von Schwammigkeit die optimale Lücke, um mich zu treffen. In solchen Momenten bewege ich mich außerhalb meiner selbst, bin nicht „da“ und verschenke dadurch meine gesamte Kraft, die ich mit dem Geist als Weiche auf ein Nebengleis leite.

Arbeiten Körper und Geist zusammen, dann schöpfen sie aus dem Vollen und zelebrieren etwas Einzigartiges:

Präsenz.

Foto von Fuu J auf Unsplash

Anm. z. Titel:

Paul Valéry (1871-1945) sagte dazu:

Elegantia – Das bedeutet Freiheit und Ökonomie ins Sichtbare übertragen – Ungezwungenheit, Leichtigkeit – in schwierigen Angelegenheiten. Finden, ohne den Anschein zu erwecken, gesucht zu haben – Wissen, ohne offenzulegen, dass man gelernt hat.“ (Wikipedia)