Das Ganze in jeder Hälfte

Um mich herum wuselte es, als befände ich mich in einem Bienenstock, dabei war es nur der Umkleideraum. Es wurde ausgepackt, umgezogen, zurechtgerückt, organisiert und geklönt. Überall lag etwas rum: Rucksäcke, Taschen, Jacken, Gis und Hakamas und trotzdem bekam jede genug Raum, um sich vorzubereiten. Irgendwie wurde immer wieder neuer Platz geschaffen, wenn jemand durch die Tür kam. Alles zusammen wirkte etwas konfus, aber das machte überhaupt nichts, denn die gute Laune schien sich mit jedem hereinkommenden Hallo zu verdichten.

Die vielen Stimmen des Lachens, des Herumalberns, des Zurufens und Erzählens und letztendlich der greifbaren Vorfreude purzelten durch die Luft, als sprängen Flummis von Wand zu Wand. Im Grunde brauchte es nur das Wenden des Kopfes, um dem einen oder anderen Thema zu folgen.

Das Zusammengewürfelte verkreiselte sich ganz offen und ohne Vorbehalte in Form von Leichtigkeit des Da-Seins, denn

wir waren unter uns.

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Es gibt Yin und Yang, es gibt Tag und Nacht, es gibt Mond und Erde, es gibt Frauen und Männer und es gibt das Gefühl, dass das eine ohne das andere nicht kann; ABER: Innerhalb dieser Pole, die förmlich durch gefühlte Gummibänder ihre eigenen Energien produzieren, gibt es Enklaven, deren Vorhandensein nur jeweils für die eine oder andere Seite sichtbar werden. Es sind dann geschützte Räume, die ein Luftholen zwischen den Polen möglich machen.

Da ich eine Frau bin, weiß ich am meisten von dieser Seite der Menschheit und kann die andere nur erahnen. Der schon abgedroschene Satz: „Frauen kommen von der Venus und Männer vom Mars“ ist im Grunde gar nicht so schlecht, denn er macht deutlich, dass die Tatsache, über Spezialwissen von den jeweiligen Planeten zu verfügen, überhaupt nicht fern ist. Unzählige Regenbogenbrücken machen ein Miteinander möglich, als wären sie Bifröst vor den Toren Asgards; man muss nur aufpassen, dass niemand auf dem Weg herunterpurzelt.

Wenn wir uns dann in solch einer Enklave befinden -und sei es die Damen-Umkleide-, dann gibt es hier – ganz bestimmt wie überall- Sympathien wie auch Abneigungen untereinander. Aber irgendeine Magie scheint diese Ambivalenz für einen kleinen Moment in dem Gewusel zu zerbröseln, da allgegenwärtig diese Leichtigkeit aus einer Gemeinsamkeit ihren Weg findet.

Das Unter-uns-sein erinnert an das Besondere, das in den jeweiligen Wurzeln liegt. Es erinnert daran, wie es sich anfühlt, genau das zu sein, was sich in dem Miteinander vielfach wiederspiegelt und es erinnert daran, dass das eigene Ich eine vollkommene Seite einer Medaille darstellt; da ist keine Seite größer oder kleiner, sondern perfekt gleich.

Nun gut, es gibt darüber viele Sichtweisen: Es gibt die anerzogenen, die ignorierenden, die verkorksten und die, die so oder so sehr persönlich sind und im Grunde niemanden etwas angehen. Was ich sagen möchte: Nichts ist verallgemeinernd oder festlegend, sondern nur ein Gedanke im Wind, der wie ein Bussard, die Böen nutzt, um den Blick über die Felder aufrecht erhalten zu können.

Je mehr wir sehen, je mehr wir uns selbst wahrnehmen, umso intensiver ist der einzelne Moment unseres Lebens. Denn alles fließt, ist in Bewegung und darf ganz bestimmt eine Menge Spaß machen.

Das Miteinander zwischen den beiden Hälften der Welt kann ruhig seine Spannung behalten (langweilig soll es ja nicht werden), aber eine Hälfte ist immer noch eine Hälfte und ist nicht größer oder kleiner als die andere. Auf einer Waagschale muss beiden die gleiche Gewichtung erfahren, seien die Seiten auch anders gefüllt.

Es gehört zu unserem eigenen Aufblühen als Mensch, sei dieser nun männlich oder weiblich, wenn wir erkennen, dass jeder der beiden Seiten besonders und wichtig ist. Denn wir sind nicht nur IN Resonanz, sondern sind SELBST Resonanz der Welt.