The feeling sense

Mittlerweile akzeptierte ich die Tatsache, dass derselbe Hinweis mit ausgesprochener Ausdauer und regelmäßigen Wiederholungen den eigenen Weg kreuzte, bis ich mich bewegte. Das konnte manchmal nerven, denn nicht immer will man hinschauen, weil andere Dinge viel interessanter oder leichter oder bunter sind. Das ist wohl das Eigenwillige am Leben: Es gibt nicht auf. Immer wieder konfrontiert es uns mit dem nächsten Schritt, egal in welchem Lebensbereich.

Ich seufzte. Auf der Matte zeigte es sich ganz deutlich, dass mein Schwerpunkt viel zu weit oben lag. Das könnte ich ignorieren, möchte ich aber nicht. Sich ständig damit auseinandersetzen zu müssen ist nicht so toll und irgendwie anstrengend. Also schaue ich es mir genauer an:

Jeder Mensch besitzt eine Mitte, aus der die Kraft entsteht. Ich meine diese energetische Mitte, dieser tiefe Schwerpunkt, der uns wie selbstverständlich den Aufgaben des Lebens und somit auch jeder schwierigen Aufgabe im Aikido nicht nur trotzen lässt, sondern sie willkommen heißt. Durch diese Tore müssen wir hindurch, wenn wir die wirklich coolen Sachen angehen wollen.

Eigentlich müssten wir mit begeisterten Kriegsgeschrei diese Pforten stürmen, schließlich wartet dahinter etwas Wundervolles und doch umrunden wir sie, als seien es Ungeheuer, die uns die Zähne zeigen.

Der menschliche Schwerpunkt besitzt zwei Ebenen, die innere und die äußere. Bei mir ist es einfach, beide Seiten präsentieren sich als Baustellen. Da braucht es keine Fragen wie bei einer Wohnungs-Renovierung: Hilft ein bissl malen oder schleifen an dieser oder jenen Stelle? Nein, das ganze Ding muss grundsaniert werden.

Entschied sich nun der innere Kritiker, mir bei einer Technik hektisch die Fehler in einer überdimensionalen Liste unterbreiten zu müssen, dann entfernte er sich vom Körper; mit dieser spontan aufgerissenen Lücke unterbrach er meine selbstverständliche Bewegung im Flow. Dies egoistische Verhalten war aber nicht nur auf der einen Seite zu finden!

Ergab sich mein Körper den innewohnenden Konditionierungen der letzten Jahrzehnte, dann vergaß er die Knie zu nutzen; er entzog sich der Aufmerksamkeit des Geistes, der mir hätte sehr wohl sagen können, dass ein tiefer Schwerpunkt mit weichen, federnden Knien mich davor bewahrte, nicht von dem Schwert getroffen zu werden. In einer tieferen Stand-Etage reagiert der Körper wesentlich freier und konnte sich dann blitzschnell aus der Gefahrenzone bewegen, ohne es einem fallenden Baum gleichzutun.

Diesen beiden oft eigenwilligen Seiten galt es nun mit viel Liebe und Nachsicht begreiflich zu machen, dass es nur gemeinsam weiter gehen konnte. Jedes Wachwerden, jedes Wahrnehmen und jedes noch so kleine Bisschen an Geduld, das wir für uns selbst erübrigen können, reicht diesen beiden Eigenwilligkeiten die helfende Hand. Denn die bewusst wahrgenommenen und bearbeiteten Kleinigkeiten ergänzen uns mit notwendigen Elementen.

Nun gut, meine Tür geht ein wenig knarrend auf, doch dafür fällt mit voller Macht das Licht hindurch … und das fühlt sich einfach klasse an.

Die Karte ist eine Zeichnung von Marie B.. Wunderschön!

Das Universum wächst, Minute für Minute. Dies Wachsen lässt einen Nachhall entstehen, der uns in jeder Sekunde umwirbelt und eindeutig auffordert, diese harmonische Resonanz mit dem Entstehenden zu teilen.

Wenn wir aufhören zu wachsen, wenn wir glauben, als Erwachsener einer notwendigen Veränderung ent-wachsen zu sein, dann entkoppeln wir uns. Wir verlassen das große Ganze, stellen uns selbst an die Seite und schauen den anderen beim Spielen zu …