Es war Zeit. Die letzten Ankömmlinge kamen gerade die alten Steinstufen herauf. Sie schritten durch einen großen verschnörkelten und verästelten Torbogen. Er sah so aus, als hätten sich zwei hochgewachsene Bäume von zwei Seiten zueinander gewandt und einfach umarmt. Obwohl ich es von der Matte aus in der Entfernung nicht richtig erkennen konnte, wusste ich, dass die Namen der Ankömmlinge irgendwo auf dem Holz erscheinen würden; genau wie meiner, den ich auch beim Hindurchgehen in meiner Lieblingsfarbe schimmern sah.
Blauer Himmel spannte sich über eine Anhöhe, die einzig und allein dafür da zu sein schien, den ausgelegten Matten ein guter Ort zu sein. Das Weiße der Gis reflektierte das Helle der Sonne und die schwarzen Hakamas raschelten gemeinsam mit den zarten Blütenblättern der vielen Kirschbäume, die den gesamten Trainingsort einfassten. Es war Frühling; es war ein Frühling, der immer währte, einfach so.
Fein polierte Holzsäulen hielten leichten weißen Baumwollstoff, der Schatten spendete. Immer wieder hob und senkte der wärmende Wind die Sonnensegel und hinterließ in mir das Gefühl, als säße ich im Süden an einem lauen Sommernachmittag mit Freunden am Meer.
Der Lehrer für den heutigen Tag klatschte laut in die Hände und Stille legte sich über die im Seiza vor ihm Sitzenden. Ich schloss meine Augen und hörte nur noch das Summen der vielen Bienen in den Blüten und das leichte Flattern des Stoffes. Heute war unsere Gruppe schon etwas größer. Aus allen Teilen der Welt kamen wir zusammen mit unterschiedlichen Sprachen und Erfahrungen. Das machte aber nichts, denn die Sprache war nach Beginn der Stunde das gemeinsam zu Lernende …
Leise Töne meines Handys holten mich aus der Meditation und katapultierten mich in den Garten, wo sich mein Körper befand. Nun saß ich hier allein; eben noch war ich in der Gruppe. Ich war zusammen mit Menschen, die ich bereits kannte, aber auch anderen, die ich noch nicht kannte. Ich sah, lernte und genoss. Mein Blick fiel auf meine heiß glühenden Hände. Energie ist oft nicht sichtbar, aber immer erfühlbar.
Ein unsichtbares Geschenk …
P.S.: So, jetzt wisst Ihr, wo Ihr mich im Moment sonntags um 18 Uhr bis 18 Uhr 30 erreichen könnt. Seit einiger Zeit „treffen“ sich Aikidoka auf der ganzen Welt und meditieren. Jeder kann kommen, egal, wie viel Erfahrungen vorhanden sind … Platz ist kein Problem …
Wann existiert etwas? Wann ist etwas real? Ist es wirklich nur das, was ich anfassen und mit den Sinnen wahrnehmen kann? Ist es nicht das, was mich als Mensch im Geist, in der Seele oder im Körper berührt? Könnte mich ein Nichts wirklich ergreifen? Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen.
Natürlich nehmen auch Dinge auf mich Einfluss, die es im eigentlichen Sinne nicht gibt: Was ist mit einer virtuellen Realität in einem Computer-Spiel oder die gut erzählte Geschichte in einem Buch? Das jagt Emotionen hoch, also berührt es. Was ist mit Fake-News? Sie beeinflussen meinen Geist und lassen mich vielleicht sogar verändert handeln! Es sind künstlich herbeigeführte Dinge, gleich einem Spiegelbild, das meine Hand nicht ertasten kann.
Aber wann ist etwas wirklich, wirklich existent? Wann verschwimmt die Grenze zwischen dem selbst herbei Geführten und dem vorher bereits da Gewesenen? Verstehen wir wirklich das, was ist?
Ich ganz bestimmt nicht. Ich weiß nur, dass die meisten Grenzen selbst gebaut sind. Sie sind Mensch-gemacht. Die spannende Frage ist doch: Was gibt es dahinter?
Gut gemachter Artikel Madam, der Ihre Gedanken wunderschön darstellt. Ebenso schön sind die Bilder von Kirschblüten. Haben Sie Japan besucht, um sie zu sehen?
Nochmals ein toller Beitrag. Vielen Dank, Frau, für das Teilen.. 😊😊
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Vielen Dank für Ihre Worte! Leider war es mir bisher noch nicht vergönnt, Japan zu besuchen. Die Zeit der Kirschblüte muss dort tatsächlich atemberaubend sein. Das Foto entstand vor zwei Tagen in meinem Garten im Licht der untergehenden Sonne …
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Toll..!! Kirschblüten sehen so magisch aus, nicht wahr? Sie sind so glücklich, sie jedes Jahr im Frühling zu sehen.. 🙂
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Das bin ich … 🙂 Es ist immer wieder wunderschön.
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😊😊
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Was ist wirklich Existenz und wann ist sie gegeben? Entsteht Realität erst dadurch, dass wir ein Ereignis denken, und wie entsteht dann das Gefühl, gemeinsam gleiche Situationen zu erleben? Sozusagen als Fake-News von uns, indem wir fragen, hast du das und das auch erlebt? Oder als Fake-News, die andere uns über das vermeintlich gleich Erlebte berichten und wir glauben, ja, so war es?
Aber wie will man dann noch unterscheiden?
Oder ist das vollkommen belanglos, was wir wann für existent halten? Weil alles immer und ewig gleichzeitig ist und nicht ist oder gerade woanders ist?
Aber immer scheint, so denke ich auch bei Dir, das Gefühl da zu sein, dass man in gewissen Bewusstseinszuständen diese gedanklichen Grenzen überwinden kann, in andere Ebenen eintauchen kann, die alles umfassen und wo man wie mit einem Wimpernschlag einfach alles erkennt und weiß und in diesen umfassenden Gedanken aufgehen kann?
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Wir Menschen müssen wohl im Moment mit dieser Unsicherheit leben: Denn auf der einen Seite hält uns das Alte, das Bekannte, das uns Beigebrachte, das selbst Erfahrene, dieser feste Glauben, dass nur das als Realität bezeichnet werden darf, was durch unsere Sinne einer Überprüfung stand hält. Auf der anderen Seite haben wir uns durch unser Wissen allein aus den letzten hundert Jahren von bestimmten Überzeugungen emanzipiert; wir erlauben uns aufzustehen und das eine oder andere aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Durch dies Bewegen, durch dies in Frage stellen, durch dies nicht einfach hinnehmen, öffnen sich Wege, die immer schon da waren, nur nicht als solche wahrgenommen wurden, es eröffnen sich Rückschlüsse, Verbindungen und Vernetzungen, die uns im Alltäglichen überhaupt nicht bewusst sind, weil wir so beschäftigt sind, etwas zu erledigen. Unser Fokus wird von uns selbst gebündelt mit aufgesetzten Filtern wie bei einer Kamera. Sie haben schon ihren Sinn, wir bekämen sonst überhaupt nichts mehr umgesetzt, die Flut der Informationen eines Momentes wäre viel zu riesig.
Doch ich glaube, dass wir etwas verschenken, wenn wir uns dieser Filter nicht bewusst sind, wenn wir sie nicht ab und zu einfach mal beiseitelegen, überprüfen und vielleicht austauschen. Da es sich um Neuland handelt, muss unsere Intuition die Richtung weisen und ich glaube, das tut sie, wenn wir sie lassen. Ein anderer Bewusstseinszustand hilft, die inne liegenden Werkzeuge kennen zu lernen und mit ihnen unsere Welt neu zu entdecken. Vielen Dank, Werner! Lieben Gruß, Christine
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Gerade weil wir uns in diesem von Dir treffend beschriebenen „Dilemma“ befinden, stimme ich Dir zu, dass es wichtig ist, einzuhalten und zu versuchen, die uns umgebenden Mauern Stück für Stück abzubauen oder zumindest versuchen transparenter zu machen um hier und da ein neues Licht zu entdecken. Packen wir es an!
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⭐ 😀
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