Drachenfeuer

Schweigend standen wir da und fokussierten die Spitzen der Schwerter. Mit langsamen Bewegungen folgte unser Blick dem Schwung, prüfte die Leichtigkeit in der Handhabung und betrachte sehr genau, inwieweit die rechte Hand bei dem Bauchstoß die Kontrolle behielt. Na gut, so manch einer würde sich bestimmt stirnrunzelnd in die Ecke verziehen, wenn sich zwei dem Schwertkampf Verfallene über Neigungswinkel und Effektivität unterhalten. Doch für uns waren es sehr ernsthafte Überlegungen, um das eigene Tun nicht nur zu optimieren, sondern es auch in seinen Grundfesten zu verstehen.

Welche Führung versprach Mühelosigkeit, welche den kürzeren Weg und welche ging einfach gut von der Hand? Es ist eine Art des Spielens und Austestens. Vielleicht ist es ein wenig wie beim Topfschlagen: kalt, kalt, warm, wärmer, oh, doch nicht, oder doch? Wir wollten begreifen, also etwas mit dem Verstand er-greifen, um genau dies auch mit dem Körper umsetzen zu können. Zusammen ergibt es dann ein Vertrauen in der eigenen Handhabung, die ohne fremde Muster den Fluss des eigenen Seins folgen kann.

Wir nickten uns zu und stellten uns jeweils an das andere Ende des Raumes. Stille senkte sich, Konzentration fiel mit dem Atem in die eigene Mitte und festigte den Stand. Eröffnende Bewegungen beider Seiten signalisierten den Beginn des Verlaufs. Alles Übrige trat in den Hintergrund.

So wird außen zu innen und innen wird zu außen, als befände sich auf der Haut eine Drehtür, die sich dem Rhythmus des schlagenden Herzens fügt. Das Jetzt kommt zum Gleich … und wir stürmten aufeinander zu.

Eben noch betrachtete Einzelheiten puzzelten ein Gesamtbild, das sich im Tun zu einem Fluss des Voranschreitens wandelte. Das Krachen der Schwerter mit dem Ki-Ai durchfuhr den Körper von Scheitel bis zur Sohle mit einem Empfinden, als stellte sich jeder innere Partikel gleich Eisenspäne in der Nähe eines Magneten an der Wirbelsäule aufrecht; überrascht lachten wir uns an.

Wir haben Zündsteine in uns … für eine Flamme, die nicht verbrennt …

Egal, was wir mit Leidenschaft erkunden, egal, was uns aus unserem Inneren heraus dazu bringt, sich selbst nicht nur zu verstehen, sondern in seiner unglaublichen Fülle und Reichtum zu erfahren:

Wir Menschen besitzen Möglichkeiten, die sich erst noch entwickeln müssen, die im normalen Leben überhaupt nicht zum Tragen kommen und im Grunde am Rand einfach warten, bis sie auf das Spielfeld gerufen werden. Sie verkümmern nicht, sie warten, geduldig, bis unser Blick sie trifft und sie zum Spielen auffordern.

Jeder! Jeder Einzelne ist beschenkt, nur das Auspacken müssen wir schon selbst tun.