„Ich habe aber nichts bestellt!“, murmelte Gunnar.
Vorsichtig berührte ich die Würfel, die vor unseren Augen auf dem Spielfeld hüpfend vibrierten. Auf einer Seite leuchteten sie sogar in unterschiedlichen Farben, sodass eine Ähnlichkeit zu nummerierten Bestellsummern auf alle Fälle vorhanden war.
„Ist schon merkwürdig, oder?“, bemerkte Veyla, „Vielleicht zählt jetzt die Zeit runter und wir sollten irgendeinen roten Faden von irgendwas trennen.“
Lachend grinste ich Veyla an. Mittlerweile wusste ich, dass sie als eingefleischte Krimi-Leserin über die Machenschaften der Unterwelt viel erzählen konnte.
Was noch in einem Moment lärmte und blinkte, verstummte mit einem Schlag, als hätten wir die Bestellung abgeholt und die Summer zurück auf die Aufladestation gelegt. Wortlos schauten wir uns an; hörbare Stille fiel in die Zwischenräume.
Wie eingefroren warteten wir alle drei auf etwas, irgendetwas … das letzte helle Licht der hinter den Häusern versinkenden Sonne zeigte noch mit einer weichen Bewegung auf das Bunte der Blüten sowie auf den Spiegel des Wassers in der Vogeltränke und ein kleiner pummeliger Käfer landete mit einem leisen Flopp mitten auf unserem Spielfeld.
Drei gleichzeitig auftretende Geräusche zerklirrten die Stille, als führten sie mit einem Handstreich ein Schwert ins tiefste Mark. Veyla japste, als hätte sie jemand im Dunkeln überrascht, ich zuckte mit ihrem Laut synchron zusammen und Gunnar haute vor Schreck aus dem Reflex heraus mit der flachen Hand auf den Tisch, sodass der kleine Pummelkäfer gut zehn Zentimeter in die Luft flog.
„Ist nun ziemlich sehr merkwürdig, oder?“, bemerkte Veyla erneut, „Da wollen uns wie abgestimmt Leute erreichen …“.
„Na, dann schauen wir mal nach, bevor wir uns ewig fragen, mit welchem Wahrscheinlichkeitsquotienten nun das geschehen konnte.“, schlug Gunnar grinsend vor.
Jetzt konnte ich mir ein Kichern nicht mehr verkneifen. Es gluckerte einfach aus meinem Innersten heraus, unkontrolliert und ohne Halt. Es hörte einfach nicht auf und schwappte gleich einer blau-grünen Surfer-Welle über die anderen, die lauthals mit hinein sprangen.
Da saßen wir nun inmitten des ultimativ-besten Platzes der Welt und ließen alles los, was sich irgendwie und irgendwo als Frage in den Weg stellte. Das Sonnengeflecht in uns vibrierte, durchzog uns einfach mit einem Da-Sein, als schwömmen wir nun als Schwarm durch das hellblaue Meer und fänden immer neue Figuren, die wir darstellen wollten.
Veyla wischte sich die Lachtränen aus den Augen: „Jetzt bin ich aber neugierig!“
Gleichzeitig griffen wir zu unseren Handys, setzten uns bequem hin und öffneten unsere Nachrichten.
Stille fiel erneut, als lehnte sie sich ebenso neugierig über das, was wir lasen …


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Aufmerksamkeit öffnet uns zu einem Außen. Sie holt es ganz nah heran, damit wir betrachten und finden können. Es ist ein Ausrichten, ein Mobilisieren jedes noch so winzigen Pols, den wir in das von uns Fokussierte drehen. Aus einem Minus wird ein Plus, aus einem Plus wird ein Minus, je nach dem, was gerade als Ergänzung gebraucht wird. Die Pforten sind dann auf.
Es ist ein Besinnen, ein Konzentrieren und letztendlich Überwinden selbstgesetzter Grenzen, das zu einem Annehmen wird. Denn was wir annehmen, davor haben wir keine Angst.
Die Welt ist noch nicht so, wie sie sein sollte, aber wir dürfen nicht aufhören, daran zu glauben, dass sie irgendwann zu dem wird, wie sie sein könnte: freundlich und mutig, zusammen mit uns selbst.
Wenn wir ganz, ganz genau hinschauen und im Lichte des Sonnenaufgangs unsere Fingerspitzen leicht entfernt zueinander halten … , dann sehen wir es, dies Verbinden mit dem Außen; Harmonie umschließt vermeintliches Chaos: keine Dualitäten, keine Gegensätze, sondern schlicht und einfach
Magie.