Auf dem Boden kniend, betrachteten wir den Schatten unterhalb der Tür, der sich anscheinend dort hin und her bewegte.
„Ich glaube, der ist nicht zu Hause! Das muss sein Kater sein. Das ist so ein braun-gefleckter, manchmal turnt der sogar im Treppenhaus herum.“ flüsterte Veyla.
„Aber da ist doch Licht! Warum macht er denn nicht auf?“, flüsterte ich zurück.
„Weil er vielleicht keine Lust auf neugierige Nachbarinnen hat!“, lachte Veyla leise.
„Oder er sitzt hinter der Tür und kann es einfach nicht glauben, dass wir immer noch nicht weg sind.“, flüsterte ich zweifelnd zurück.
Seit einer Woche kannten wir uns, knobelten abends gemeinsam an unserem Geheimnis herum und arbeiteten nun an der Veränderung der Herangehensweise. Wir wollten unseren Nachbarn ins Boot nehmen. Vor seiner Tür stand ja letzte Woche auch ein Päckchen. Doch das schien leichter beschlossen als umgesetzt.
„Und wenn er überhaupt kein Interesse hat? Vielleicht hat er den Würfel einfach in den Müll geworfen!“, überlegte Veyla leise.
Eines musste man ihr lassen, Gedanken schienen bei ihr ständig herumspringende Kapseln zu sein, die sich bei Kontakt öffneten und neue herauskullern ließen.
„Vielleicht gehört er auch zu den Typen, die gar nichts wissen wollen, die einfach herummäandern, wie so ein …“, jetzt fiel mir kein passendes Wort ein.
„Wie ein rutschiger Vorleger, so ein kuscheliger, der bei jedem Waschen eine Handvoll Fluschen verliert.“, gluckste Veyla.
Ich verschluckte mich fast an meinem hochsprudelnden Kichern. Krampfhaft versuchte ich es zu unterdrücken, da das Treppenhaus eine perfekte Akustik besaß.
„Der kuschelige Vorleger war kurz im Keller, um Katzenfutter zu holen!“, informierte uns eine sonore Stimme aus dem Kelleraufgang.
Wie gestochen sprangen wir beide auf. Skeptisch, aber breit grinsend schaut uns ein bärtiger Mann mit knallrotem Haar entgegen. Mit Dosen bepackt betrachtete er uns prüfend beim Vorbeigehen und schloss die Tür auf.
Ich sah kurz zu Veyla. Wir kannten uns noch nicht lange, doch es fühlte sich bereits so an, als hätten wir schon Baumhütten gebaut, gemeinsam Kirsch-Weitspucken geübt oder tausendmal Schokolade über Vanilleeis gestreut. Eine gewisse Gelassenheit über unser derzeitiges Tun sollte dann kein Problem sein.
Gleichzeitig sprudelten wir los, um die Situation zu erklären. Etwas gestresst drehte sich unser Nachbar mit hochgezogenen Augenbrauen um, murmelte ein „na denn“ und gab uns mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass wir hinein kommen sollten. Anscheinend hatten wir es mit einem Minimalisten zu tun.
Etwas unsicher traten wir in die Küche, die ebenso den Blick in den lichtdurchflutenden Hofgarten freigab. Kaffee gurgelte gerade durch die Maschine und der Kater folgte den Bewegungen seines Herrchens, der mit schnellen Handbewegungen den Deckel einer Dose hochzog und den Inhalt in den Futternapf kippte.
„Auch einen Kaffee?“
Veyla und ich mussten lachen. Die Antwort war klar.
„Unbedingt!“


photo by Greg Becker on Unsplash
Wenn der erste Schleier fällt, dann sehen wir etwas, womit wir niemals gerechnet haben: Plötzlich präsentieren sich in einem selbst Tiefe und Stärke. Wir wundern uns, warum wir sie erst jetzt sehen. So viele nachfolgende Warums reichen nicht aus, um die Verwirrung überhaupt beruhigt zu bekommen.
Wenn der zweite Schleier fällt, dann sehen wir die damit verbundene Notwendigkeit. Es ist niemals ein Abhalten vom Wesentlichen, weil wir an einem besonders schlechten Tag in das Schicksal unglücklicher Umstände gefallen sind; es ist niemals ein Zu-spät-Sein, ein Unvermögen oder Übrig-Sein. All diese Empfindungen sind lediglich Leuchtkugeln, damit wir die Hand zum Schleier auszustrecken. Sie sind das Kalt des Kalt-Kalt-Wärmer-und-schließlich-dem-was-gefunden-werden-will.
Wenn der dritte Schleier fällt, dann scheint die Gänsehaut das eigene Bewegen in ein Vibrieren zu verwandeln. Allein das Verharren in diesem Moment könnte ewig so weiter gehen, wenn wir nicht mittlerweile daran gewöhnt wären, dass die Veränderungen niemals aufhören. Sie scheinen wandelbare Puzzlestücke zu sein, die mit dem Berühren einfach an die schon immer vorhergesehenen Stellen in unsere Zellen sinken.
So tanzen wir alle Hand in Hand unter den Sternen … lasst niemals los.
Anm. zum Titel: Mondlicht ist gespiegeltes Sonnenlicht; wenn wir die anderen Menschen um uns herum nicht hätten, würden wir uns selbst nicht erkennen.
Alles wartet auf uns. Wir müssen es nur anstupsen.
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In uns selbst, auf alle Fälle! Wenn wir länger brauchen, dann ist das so, nur manche Entwicklungsschritte machen nicht ganz so viel Spaß, 😀 Lieben Gruß, Christine
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Wir sind alle Sternenstaub, ….& dann & wann;-)) funkelt’s in & aus nur einem Auge, auch mal aus beiden, …mal mehr mal weniger, doch immer immens nicht nur einladend weil vielmehr tief berührend bis zur Sprachlosigkeit,….so dies 2 Augenpaaren geschieht ….. löst sich jegliche Bedingtheit unweigerlich, ja sogar unwillentlich auf. Na ja, …& Das, was uns Menschen aufgrund nie zu erreichender Transzendenz & Immanenz immer ein Mysterium ist, erkennt sich in Allem doch auch, hat das alles evtl. kreiert, um sich im Spiegel der unendlichen Vielfalt, in Raum & Zeit manifestierend wahrzunehmen. Langeweile, die viele junge Menschen heuer kaum aushalten, beinhaltet ein enormes Potential an Kreativität.
Liebe Christine, ….möge das neue Kalenderjahr ein sowohl unverblendetes Sonnenjahr als auch mystisches Mondjahr für Dich sein
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Lieber Axel, danke! Möge auch Dir das neue Kalenderjahr eine wunderbare und zugleich spannende Zeit schenken! Lieben Gruß, Christine
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Fabulous blog
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Thank you very much! 😀
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