Frequenz des Findens

Das unerwartete Klingeln an der Tür durchfuhr mein System mit einem gefährlichen Zucken. Der Kaffee im Becher bildete innerhalb einer Nanosekunde einen schwappenden Mini-Tsunami, der es bis zur oberen Ebene des Randes schaffte, einen kleinen Moment darüber hinweg lugte und sich dann doch zu einem friedvollen Rückzug entschloss. Manchmal versteckte sich die kleine Portion Glück irgendwo inmitten der Dreiviertel-Sekunden des Lebens. Ich dokumentierte es mit einem erleichterten Seufzer.

Meine Neugier trieb mich über den knarzenden Parkettboden bis zur Tür. Das alte Stadthaus besaß nicht nur den Komfort eines märchenhaften Paternosters mit einer sofaähnlichen, tiefroten kleinen Sitzbank, sondern beschenkte jede Wohnungstür mit einem wirklich praktischen, altmodischen Spion. Ich drehte die kleine metallene Schlaufe zur Seite. Helles Licht, das durch die hohen verschnörkelten Buntglasfenster der tiefer liegenden Haustür hereinfiel, traf mich ungebrochen. Niemand war da!

Klappernd drehte ich den Schlüsselbund und öffnete. Überrascht schaute ich auf meine dunkelgrüne Fußmatte. Ein kleines Päckchen mit einer Schleife blickte mich an. Jetzt musste ich lachen; einen Moment hätte ich schwören können, dass eine leise piepsige Stimme, total nett, aber bestimmt, um Einlass bat. In meiner Vorstellung sah ich mich die Tür aufhalten, um einem begeistert herein würfelnden kleinen Etwas Platz zu machen.

Gut gelaunt ging ich mit meinem Fundstück wieder zurück zum Fenster. Ich mochte dies Pricklige bevor Geheimnisse gelüftet wurden. Wahrscheinlich brauchte ich deshalb ur-lange, bis ich ein Geschenk vom Papier befreite und so mit jedem Zusehenden ein kleines Stück der Spannung teilte.

Ich stellte den Neuankömmling auf die Ecke des in Reichweite stehenden kleinen Holztisches und setzte mich wieder ins Sonnenlicht. Beobachtend tippte ich mit dem ausgestreckten Zeigefinger das Etwas an. Träge fiel es zur Seite. Es schien kompakt zu sein, nicht allzu leicht, aber auch nicht besonders schwer, vom Gewicht vielleicht vergleichbar mit einem kleinen getupften Kätzchen, das den Blick herausfordernd erwiderte.

Ich wusste ganz genau, dies Spiel könnte ich den ganzen Vormittag treiben; dies Einkreisen einer Situation, die etwas Schönes versprach und vielleicht in zehn Sekunden, zehn Minuten oder auch zehn Stunden seine Lösung finden könnte. Das Wann oblag mir schließlich selbst.

Entschlossen griff ich mir das Päckchen und faltete langsam mit zwei Handbewegungen das Papier auseinander. Überrascht schaute ich auf meine flache Hand und musste feststellen, dass sich die Informationslage kein Stück verändert hatte …

Photo by Natalya Letunova on Unsplash

Etwas zu genießen, ist wundervoll, kann berauschen, kann ganz still machen oder auch laut, es macht manchmal Gänsehaut und erinnert daran, wie toll unser Körper ist.

Es ist dann ein Schwelgen mit allem, was uns möglich ist. Wenn wir unsere Sinne nicht regelmäßig benutzen, vergessen wir sie, als wären wir Dorothy im Land hinter dem Regenbogen und wüssten den Weg nicht mehr nach Hause.


Anm. z. Titel:

Je mehr wir dies klasse Gefühl von guter Laune, Freude, Überschwänglichen, Dankbarkeit oder einfach Lebenslust in uns verspüren, umso höher kreiseln wir mit den Energien, wo immer sie längs laufen. Wir haften an ihnen oder sie an uns.

Das wirklich Besondere liegt dann meines Erachtens darin, dass sie uns heben. In diesen oberen Regionen scheint uns die Welt einfach besser finden zu können. Plötzlich geschehen aufregende Dinge, Schönes stellt sich ein oder Wege tun sich auf; das funktioniert aber anscheinend nur in gewissen Höhen.

Kleben wir an dem Dunklen, so dass wir unterirdisch mit den Gefühlen von Traurigkeit, Neid, Angst, Eifersucht, Getriebensein oder allgemein Unglücklichsein herumkrebsen, dann finden wir das Schöne nicht und es kann uns auch nicht finden. Stattdessen scheinen sich die schlimmen Dinge zu häufen, als zögen wir sie immer mehr an, als suche das Dunkle die Dunkelheit in uns.

Ich wünsche mir einen inneren Paternoster, so einen mit einer kleinen rotbezogenen Sitzbank, so dass es nur einen Schritt bräuchte, um aus der Dunkelheit eines grauen Tages mit dem Schnippen der Finger entfliehen zu können.

Wenn ich es mir recht überlege, besitzt jeder von uns so etwas Tolles, mit Namensschild und Betriebsanleitung, nur manchmal brauchen wir echt lange, bis wir den Startknopf gefunden haben …

be continued …