Mit Kissen und einem großen Becher Kaffee bewaffnet, saß ich im Erdgeschoß auf der breiten, alten Fensterbank und blickte in einen bepflanzten Innenhof. Mit einem knorrigen Apfelbaum im Hintergrund hätte ich jedem die Auskunft gegeben, mich wirklich und wahrhaftig in einem vergessenen Teil des Garten Edens zu befinden; dabei wachte ich heute Morgen vom Bimmeln der Straßenbahn auf, die inmitten der Wiener Innenstadt ihre Kreise zog. Die warme Sonne fiel begeistert über die Dächer der Nachbarhäuser und ignorierte die Tatsache, dass der Oktober bereits ins Land ging; Amseln balgten sich um den ersten Platz in einer flachen Wasserschale und irgendwo auf der anderen Seite stand ein Fenster auf, um mir mit leisen Klaviertönen die Saiten meines Zwerchfells vibrieren zu lassen.
Heute war ein erster Tag; ein erster Tag eines längeren Aufenthalts. Im Grunde wusste ich selbst nicht so wirklich, wirklich genau, wie dies alles zu mir kam. Intuitiv und ohne große Überlegung reagierte ich auf all das, womit mich die Welt konfrontierte und zack saß ich hier. Wenn ich es genau überlegte, materialisierte sich ein Sehnen, das von einem Hauch seines Daseins zu einem Etwas wurde und somit in meine Wirklichkeit fiel. So geschehen halt Dinge … wie hieß es in einem alten Märchen? Es gilt freundlich und mutig zu sein, der Rest kommt ganz allein …
Der Duft des noch heißen Kaffees schmolz mein Inneres: Wird alles so wie ich es dachte? Oder wird alles unvorstellbar anders? Oder ist alles ein selbstvergessenes Spielen nur an einem anderen Ort?
Manchmal bezweifelte ich die Vorstellung, dass ein Außen aus einem feststehenden Konstrukt bestand. Ich könnte um mich herum schauen, könnte jemand anderen fragen, was er sah oder mich nur auf das verlassen, was meine Hände ertasteten; immer würde ich unterschiedliche Dinge erfassen und aufnehmen!
Vielleicht ist diese sogenannte Realität aber auch ein Sammelbegriff für alles, was auf irgendeine Weise uns Menschen herausfordert und eine Resonanz erwartet. Ob wir sie dann geben können, sei dahingestellt. So baut unser Vermögen eines Widerhalls die eigene Wirklichkeit, nicht mehr und nicht weniger.
Ich schaute hinaus. Wärme und Strahlen vermengten sich zu einem Orange, als flösse der Strom des Lebendigen in das spielerische Hüpfen der Halbtonschritte.
Ich nickte den Amseln zu … freundlich und mutig. Der Rest kommt ganz allein!


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Wenn wir unsere Hand an ein Außen legen, horchen wir hinein, versuchen eine Reaktion zu erhaschen, dass noch irgendetwas anderes lebendig ist und ein Nachhall in uns erklingt. Würden wir nichts mit unseren Sinnen spüren, könnten wir genauso in einem weißen Raum des Nichts stehen. Unsere rufende Stimme würde in den Falten der Spektralfarben verschwinden, ohne dass wir jemals von ihrem Verbleib eine Nachricht erhielten.
Also tun wir gut daran, diese Hand nicht zu lösen, wir verlören uns sonst selbst …
Anm. z. Titel: Die Farbe Orange ist die Farbe der Freude. Sie besitzt die Wärme von Rot und die Strahlkraft von Gelb.
Ich bezweifle ebenfalls die Vorstellung eines festen Konstrukts. Jedes Ding hat ja auch wirklich eine andere Aura und teilt sich einem anders mit. Also, ich werde keinesfalls die Hand lösen……Danke für das wieder bewußt machen und einen lieben Gruß, Angelika
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Danke Dir! Ich freue mich 😀 Lieben Gruß zurück, Christine
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Hallo, Christine! Du hast mich heute so richtig zum Grübeln gebracht.
Ich finde, mit dem Widerhall ist das so eine Sache. Denn z.B. bei der Art, wie wir uns kennen, weiß ich schon ohnehin einfach nicht, ob Du real bist oder nur ein virtuelles Programm, dass sich in meinen PC eingehackt hat. Oder könntest Du mit Deinen wundervollen Texten gar nur der Widerhall meiner eigenen Gedanken oder Wünsche sein? Dann wären Du und ich und alles, was wir „sehen“ oder „anfassen“ in „Wirklichkeit“ Eins und eine große Resonanz? Von wem? Des Seins? Und ist es dann überhaupt noch wichtig, zwischen Schein und Realität zu unterscheiden?
Ich bin sehr gespannt auf Deine Weiterführung.
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Hallo Werner, ui, das sind auch viele Gedankenansätze, die du hast! Es ist nicht einfach, einen Gedanken in einen kurzen Text aus allen Richtungen zu betrachten. Im Grunde -das habe ich für mich selbst festgestellt- muss ich mich am besten für einen Aspekt entscheiden, sonst wird alles zu lang.
Ich gebe dir recht, das mit dem Widerhall ist wirklich so eine Sache … aber auch der springende Punkt: Sobald wir mit unserer Aufmerksamkeit auf ein Außen treffen, nehmen wir es wahr und damit auf … in meinen Augen ist es ein Ping-Pong-Spiel, erst wenn wir etwas zurück bekommen, dann gehört es für uns dazu, zu unserem Bild, das wir von der Welt haben.
Und ich stimme dir auch gänzlich zu, dass wir alle in Wirklichkeit „eins“ sind, davon bin ich überzeugt! Jedes Handeln, jedes Lächeln, alles was wir tun, erhält seine Bedeutung darin, dass es in einem Miteinander seine Auswirkung besitzt, wir sind vernetzt. …
und ob es wichtig ist, zwischen Schein und Realität zu unterscheiden? Ich würde vermuten Ja und Nein … Nein, solange wir uns ganz allein betrachten, den Gedanken ist es egal, beides fühlt sich echt an (so empfinde ich es jedenfalls) und … Ja, sobald wir in einem Miteinander leben, da die eigene Wirklichkeit, die Wirklichkeit des anderen und eine wie-auch-immer-gestaltete Realität die drei Punkte eines Dreiecks sind, zwischen den wir uns irgendwie treffen sollten, damit wir uns überhaupt verständigen können. Das ist jedenfalls mein ganz persönlicher Blickwinkel 😀 Sehr, sehr spannend! Ich danke dir! Lieben Gruß, Christine
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Hallo Christine,
Deine Gedanken zum Widerhall – und wie Du es nennst Ping-Pong-Spiel – kann ich voll teilen. Wir haben gelernt, zwischen Information und Wissen zu unterscheiden. Eine Information ist zunächst auch etwas wie von außen Kommendes, d.h. im Prinzip ohne Wert, solange, bis ich sie erfolgreich in ein Puzzle in mir einordnen und dann auch mit ihr arbeiten und sie nutzen kann. Nur mit einer Resonanz meinerseits oder in mir – um Deine Wortwahl aufzugreifen – transformiere ich dann die Information in Wissen und in weiteren Schritten zu Erfahrung. Und ich glaube, dass man diesen Gedanken tatsächlich auf alle unsere Eindrücke anwenden kann.
Dass wir alle zusammen ein verflochtenes Eins sind, daran glaube ich auch. Und dass jede Aktion von wem auch immer – wie der berühmte Flügelschlag eines Schmetterlings in Bezug auf das Wetter – unser Miteinander uns verändert und seine Wirkung entfaltet, so sie denn auf eine bewusste oder auch unbewusste oder verdeckte Resonanz trifft. Wobei Resonanz dann in letzter Konsequenz wohl Einsicht oder Verstehen im Sinne von Mitschwingen bedeutet.
Ich habe mal einen Zukunftsroman gelesen, ich glaube es war einer von dem berühmten Asimov. In dieser Geschichte wurde den Protagonisten der Kopf vom Leib abgetrennt und die Köpfe dann auf Stelen „am Leben“ erhalten. Da standen sie dann im Kreis beieinander, waren aber elektronisch miteinander verbunden. So ist dann eine Ebene der Wirklichkeit zwischen ihren „Geistern“ entstanden, anders als die bisher bekannte „Wirklichkeit“. Ziel war es zu zeigen, dass wir eigentlich keinen Körper benötigen, um „Mensch“ sein zu können. Ist ein wenig makaber, aber gedanklich nicht so fern, wenn man an ein allumfassendes Eins denkt.
Immer wieder gerne ein punching-ball für Dich!
LG Werner
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Vielen Dank, Werner! Lieben Gruß, Christine
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