Manchmal besitzt die Veränderung ihren eigenen Geschmack, hängt in der Luft oder umfängt die Haut wie ein weiches Tuch, dessen Besitzer wir noch nicht kennen. Irgendwie, warum auch immer, aber mit beeindruckendem Gewicht, lässt uns ein Etwas spüren, dass es nicht mehr anders geht, dass etwas seine Umformung finden muss, sonst würden wir in tausend Teile zerspringen oder dem eigenen Vergessen anheimfallen.
Jeder Tag besitzt seine Momente und jeder Moment besitzt seine Bedeutung. Wir bemerken es nicht, sondern spüren lediglich die Auswirkungen. Vermutlich dachte das Leben, es müsse sich mit dieser Tatsache mal wieder bei mir in Erinnerung bringen:
Bei einer Geschwindigkeit von 160 km/h auf der Überholspur der A7 fuhr mir ein anderer Wagen mit 180 km/h auf, da der Fahrer abgelenkt war. Niemand wurde verletzt. Trotz des hohen Tempos konnte ich die Spur halten und durch die kleinen Lücken hindurch unbeschadet auf die Standspur gelangen.
Jede einzelne Minute blieb in meinem System und erschrak mich zutiefst. Auf meinem Weg nach Hause erschien mir mein Körper leise und vorsichtig, als wolle er auf Spinnenfäden wandeln, die bereits unzählige reflektierende Wassertropfen trugen.
Ich betrachtete sie, diese Kugeln, die auf meinem Kurs lagen; sah ihr Schillern und ihr völlig in sich Runde, das überhaupt keine Frage offenließ, worum es sich handelte: eine Welt für sich und trotzdem ein Teil zugleich, ein Teil meiner Welt, ein Fraktal.
Egal, ob ich hier mein Augenmerk ließ oder einen allumfassenden Blick wagte, immer wurde mir alles präsentiert. Das Schwierige lag dann darin, es so zu erkennen oder es in dem Maße zu komprimieren, dass es für mich passte.
Nun, entweder ignoriere ich diese Tatsache und gehe daran vorbei oder aber, ich nehme die einzelnen Teile in die Hand, um sie als mein Eigen zu betrachten. Denn gleich gestreuter Kiesel verrieten sie den Weg.
Ich habe mich für das Zweite entschieden.


Ausschnitt aus einem Bild von Angelika Pöter: https://www.angelika-poeter.de/
Anm. z. Text: Fraktal = es ist eine Zusammensetzung, die aus sich selbst ähnlichen Kopien besteht.
Ich habe mal, auch auf der Autobahn, Ähnliches erlebt & vermag einzelne Bildsequenzen noch heutzutage in Zeitlupe abrufen. Das Überleben geschenkt bekommen zu haben hat sich wohl für den Rest meines Lebens tief eingraviert.
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Das glaube ich sofort! Ich hoffe, dass alle dabei heil davon kamen!
Bei mir ist im Grunde nicht viel geschehen, nur Blechschäden bei den Autos und dennoch … es fühlt sich immer noch so an, als hielte ich die Luft an und höre die dabei entstehende Stille … die mich nun anders betrachten lässt.
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Ja,..alle sind obgleich unseres jugendlichen Leichtsinns heil davonkommen.
STILLE danach, ..da sagst Du was & läßt mich fühlbar erinnern. Nachdem ich, der ich Beifahrer nicht ins Lenkrad gegriffen habe & so manches mir den Kopf abtrennende schon durch die Windschutzscheibe fliegen sah, ausgestiegen war, …da stand ich neben mir, nichts hörend, überlegendes, nur mein pochend Herz ,das sich nur langsam beruhigte, fühlend & um dann innerlich dankend zu jubilieren …. 5 Minuten totale Stille in mir derweil 3 Mitfahrer/-innen palavarten.
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Oh man, das hört sich echt schrecklich an! Ihr habt viel Glück gehabt! Dass diese Bilder bleiben, kann ich gut verstehen.
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