Unteilbar

Mit etwas gerunzelter Stirn stehe ich vor meinem Laptop und stelle alles für ein Online-Meeting ein. Die Software erzählt mir, dass ich verbunden bin; super, geht doch. Hmm, ich sehe nur nicht so viel und höre nichts. Ist der Lautsprecher freigeschaltet? Check. Ist das Video freigeschaltet? Check. Mit meinem zufriedenen Nicken über diese Dinge ziehen sich die Wände hoch und ich sehe mein Gegenüber. Ich bin begeistert. Der Kanal ist frei:

Mit kleinen Klickgeräuschen schalten sich immer mehr dazu. Hände winken; verschiedene Hallos purzeln durcheinander und Scherze fallen in die Mitte. Gespannt schaue ich auf den Bildschirm. Gleich den chinesischen Himmelslaternen tragen Worte Wünsche und Farben, bis sie den gedachten Raum verlassen und Stille einkehrt.

Wir beginnen, doch bereits nach zwei Minuten stellt sich heraus, dass Bewegung und Sprache nicht dem üblichen Miteinander frönen. Im ersten Moment ist das irritierend; das macht aber nichts. Der eigene Gleichmut nimmt es in die Hände und wartet.

Ab und zu bleibt das Bild stehen und zeigt die andere Seite wie festgefroren. Auch witzig. Das kriegt man in der Normalität nicht hin. Dort verblassen die ersten inneren Bilder aufgrund der nachfolgenden; sie sind schnell vergessen. Hier ist das anders; hier ist vieles anders, wirklich anders?

Das Virtuelle ist im Grunde eigenwillig, eine andere Betrachtung auf uns selbst. Was sehe ich denn? Wie viel Mensch bleibt uns, wenn dieser durch diverse Übertragungsfilter gewandert ist?

Was macht ein Treffen mit mir oder mit der anderen Seite? Muss ich dafür wirklich sehen und hören? Reicht nicht schon das Wissen des Vorhandenseins an sich aus, um etwas entstehen zu lassen? Wir erfassen uns alle gegenseitig, vermerken und notieren es, als besäßen wir die Funktion eines Echolots.

Gleich dem Brummen der Maikäfer, das durch die Elemente hindurch die Schwingungen verrät, bewegen wir uns in einem vernetzten Miteinander. Wir fühlen,

wir leben …

Titelbild: https://unsplash.com/@sippakorn

Mag uns die Welt notwendigerweise mehr über virtuelle Bahnen führen, das ist ok. Das Leben anderer erreicht uns mit jeder noch so kleinen Facette, denn auch das winzigste Stückchen hütet, was uns ausmacht.

Nur der Wind kommt über die geöffnete Außentür und flüstert:

Wir sind ganz, immer …