Es gab so viele Fragen im Leben, es gab so viele anscheinend unüberbrückbare Hindernisse, so viele Unwägbarkeiten und so viele Richtungen! Wer konnte schon sagen, in welche wir gehen sollen, ohne an dem vorbei zu gehen, das unser Selbst in einem unendlichen Maße rundet?
Das riesige Puzzle unserer Seele zeichnete unseren Alltag. Es gab den einen Teil, der bereits zusammengelegt ein Bild erahnen ließ oder manchmal auch nicht. Vielleicht begannen wir irgendwo am Rand, der nur den Hintergrund deutlich werden ließ oder aber es zeigte sich irgendein Detail aus der Mitte, das wir uns überhaupt in keinen Kontext vorstellen konnten. Alles war möglich, denn dieses Puzzle besaß niemals einen Karton mit Bild, dem wir folgen könnten, um uns vielleicht mit den Farben oder dem Muster auf die Suche nach den nächsten Stücken zu begeben.
So konnten wir auf das bereits Zusammengefügte schauen, darin versinken und uns mit einer riesigen Portion Fantasie eventuell Passendes vorstellen. Die Suche begann dann anschließend in dem Meer der losen Teile. Was wir wissen, das wissen wir, so könnten wir denken. Da haben wir einen Fuß auf der zusammen gelegten Seite und setzten den zweiten nur auf ein neues Stück, das als logische Ergänzung des bisher Erfahrenen erscheint. Da kann uns dann nichts geschehen. Da sind wir sicher.
So lassen sich ganz bestimmt auch Teile finden, die gut und richtig sind. Schließlich konnten wir bisher in diesen Momenten des Findens die ganze Welt umarmen und besaßen das Gefühl mit tausend bunten Ballons dem blauen Himmel entgegenzufliegen. Das war bestimmt ein Fest wert!
Was war aber, wenn wir eine Sache des Prinzips nicht berücksichtigt haben? Was war, wenn diese Puzzleteile eine magische Seite besaßen? Was war, wenn die Form, die Rundung, das Ausgestanzte erst in dem Moment entstand, wenn wir es in die Hand nahmen und ihm unsere Aufmerksamkeit schenkten? Was war, wenn es etwas Lebendiges war, das wie ein Same entweder aufging oder nicht? Wie kam ich also zu den richtigen Puzzleteilen, wenn ich nicht einmal wusste, wonach ich suchen sollte?
So kann ein Morgen vergehen, tausend Dinge sind vollbracht und in einem ruhigen Moment betrachten wir unser bisheriges Tun. Wie sehr sich die Dinge da unterschieden! Es gab die Notwendigen zum Erhalt des Lebens, es gab die Ausgesuchten, die ein Lächeln zauberten und es gab diejenigen, deren Vorhandensein überhaupt nicht mehr in die alten Muster passten. Überrascht wird dann innegehalten. Warum hatte ich das gemacht? Was hatte ich da gesagt? Was hatte ich geschrieben? Wo waren meine Sinne, als ich es tat? War ich müde oder nur abgelenkt? Habe ich mir irgendetwas dabei gedacht?
Das Unübliche fiel in unser Blickfeld. Etwas argwöhnisch näherten wir uns gedanklich dem Neuen. Unsere Wahrnehmung verhakte sich hier und konnte nicht umhin, vorsichtig mit dem Zeigefinger die schillernde Haut zu berühren. Wenn wir mutig waren, gingen wir dafür ein ganz klitzekleines Stück in diese Richtung, ohne zu wissen, was wir damit taten. Schließlich war es nur ein Puzzlestück, das nun gar nicht unserer Vorstellung entsprach.
Plötzlich durchschreiten wir einen Vorhang der Empfindungen. Ein Sog entsteht, Sehnsucht steigt aus der Seele auf, als wehe warmer Wind aus den Tiefen eines Canyons und ruft uns. Das bisher von uns zusammengelegte Bild schwingt mit dem Außenliegenden mit, als käme plötzlich ein Gespräch zustande.
Die Wegbegrenzung besaß plötzlich eine Lücke, die ein Geheimnis offenbarte: Dieser Zaun war niemals geschlossen! Wir selbst waren nur nie nah genug, um die Struktur zu erkennen! Vermutungen gaukelten uns eine Beschaffenheit vor, die wir in ihrer Wahrheit niemals infrage stellten.
Skepsis, Fragen, ein schräges Betrachten findet sich ein, als läge etwas vor uns, das uns vielleicht mit Haut und Haar verschlingen möge, wenn wir nicht wie üblich weiter gingen. Was geschieht, wenn ich ein klein wenig zur Seite gehe, schaffe ich dann den Weg zurück? Worin besteht der Unterschied, ob ich das eine oder andere tue?
So finden sich die Antworten von ganz allein, weil wir etwas besitzen, das uns hilft, Passendes zu entdecken. Wir besitzen mehrere bereits zusammengelegte Teile in uns, die mit all den anderen Teilen da draußen in der Welt in Verbindung standen. Passendes würde sich früher oder später mit uns verbinden, um in ein aufgeregtes, unglaubliches, inneres Hüpfen seinen Ausdruck zu finden.
Die Reihenfolge der Teile spielt keine Rolle, da können wir auf das Prinzip der Landkarten vertrauen: Jeder Ort führt zu allen anderen Orten auf der Welt. Ob es ein langer oder kurzer Weg wird, entscheiden dabei nicht die Kilometer, sondern ganz allein dies unsagbare Gefühl des Ankommens.
Es wartet, notfalls mehrere Leben …
… also geh!
