Is so …

Selbstsuggestion war das Stichwort: Ich war ein ruhiger Fels, irgendwo in Schottland und empfand das Herumlaufende nicht wirklich als Störung, sondern als Bereicherung meines optischen Erscheinungsbildes. Manchmal klappte das. Es sei erwähnt: neun Tage noch bis Weihnachten! 65 Punkte auf der To-do-liste wollten noch abgehakt werden und mindestens sieben Todsünden verhinderten ein ruhiges Gewissen.

War es wirklich schlimm, dass die rot-grüne Weihnachtsdeko-Kiste noch unausgepackt auf dem Boden stand? Oder war es schlimmer, dass ich mit dem Gedanken liebäugelte, sie dort einfach zu belassen? Oder war es viel schlimmer, dass ich immer noch nicht eines der notwendigen Geschenke besorgt hatte? Oder konnte mich irgendwer verstehen, dass ich hoffte, mein Weihnachtsbaum sei noch fest angewachsen auf dem Feld, um dort mit unzählig anderen abzuhängen? Wahrscheinlich drückte er sich selbst die Zweige, in der Hoffnung, dass er hässlich genug war, um nicht aufzufallen.

Fragen über Fragen ließen tausend Gedanken über das anstehende Fest übereinander purzeln. Mein Innerstes kam mit all den Vorbereitungen nicht zur Ruhe und ich fragte mich wirklich, ob ich der einzige Weihnachts-Grinch in meiner nächsten Umgebung war. Ich wollte Bilder vom Frühling sehen und konnte die Winter-Sonnenwende kaum abwarten.

Dachte ich an dicke herabfallende Schneeflocken, die alles um mich herum ganz leise werden ließen, so bohrte sich die Vorstellung einer spiegelglatten Fläche vor meiner Haustür als Mahnmal in mein Gehirn. Dachte ich an den wunderbaren Geschmack von fast noch heißen Vanillekipferln, dann folgte der Gedanke an Bauchweh, die sich immer eine halbe Stunde später meldeten. Ein kleines Blech sollte nicht in dieser Zeit verspeist sein.

Wenn ich dann doch nicht umhinkam, etwas Passendes für die winterliche Zeit zu finden, dann dachte ich an heißen Gewürztee, an eine übergroße Pizza in der Hand und an ein Feuer unter dem Sternenhimmel mit einem Geschichtenerzähler aus einem fremden Land. Ganz unkonventionell, nah an dem was mir wichtig war, wollte ich Zeit damit verbringen, mit anderen zusammen zu sein und auch daran zu denken, warum wir dies alles überhaupt taten. War das so schlimm?

Ist ein Handeln innerhalb von einem festgesteckten Rahmen wirklich das, was wir uns von dieser Zeit erwünschten? Musste diese Begrenzung durch traditionelle Muster ihre Anwendung finden, um dem gerecht zu werden, was wir eigentlich wollten?

Wenn ich an all die bereits durchlebten Weihnachtszeiten dachte, dann sah ich mich als Veteranin mit einem ausgeprägten Durchhaltevermögen und in meinen Gedanken winkte mir mein Weihnachtsbaum zu, der in diesem Jahr mit einem Lächeln im Gesicht draußen auf dem Feld des Windes Rauschen genoss …