Des Mondes Antlitz

Weit geöffnet lässt die Tür die kalte Nachtluft herein. Für einen Moment trete ich in die dunkle Kühle hinaus und schaue dem so unfassbar Entfernten entgegen. Die Lichter löschte ich bereits bis auf eine kleine Kerze, die ich an das Ende des Holzsteges stellte; ein Punkt der Orientierung, um mich nicht fehltreten zu lassen. Mit einer weichen Decke um den Schultern machte mir die Kälte nichts.

Da stand ich nun und schaute ihm entgegen. Klar und groß zeigten sich Berge und Täler und wenn ich etwas blinzelte, sah ich ihn, den Mann, der da wohnte und den Unbedarften zuwinkte. Vor langen Zeiten grüßte ich ihn Monat für Monat, bis mir die Schule die Unmöglichkeit meines Wahrnehmens vor Augen hielt. Wissen als ein Pfand für ein letztes Winken, das im Winde zerfiel und mich zugleich überdeckte. Es zeigte sich nun, was sein sollte und kein Quäntchen mehr.

Doch neue Zeiten brechen an; Zeiten des unkonventionellen Lernens; Zeiten, die die Fakten der Jahre mit einem Handstreich weniger starr in ihrem Rahmen ruhen lassen. Gelerntes vermengt sich mit meinem Empfinden und meinen Vorstellungen, ohne mich selbst dabei zu ignorieren. Ein Außen wird überhaupt zu einem Etwas, weil ich es betrachte! Also verknüpfe ich mich selbst mit Fakten und finde im Ergebnis meine Wahrheit, die damit meine Wirklichkeit ist.

Es gab den Mann im Mond, wenn ich daran glaubte! Es gab die Elfe auf dem Blatt, wenn ich daran glaubte! Und es gab all das, was mich beschäftigt und für den Moment festhält. Es war da, egal, ob andere es sahen oder nicht. Ganz allein für mich war es eine Realität, die mich in meinem Denken und Tun beeinflusst.

So stehe ich in der Nacht, sehe meine Wahrheit am Himmel und lächle zurück …


Anm. z. Bild: Photo by Anton Repponen on Unsplash