Zu Fuß nach Rom

So musste es Brausepulver gehen, der grünen. Sie konnte das Innerste zusammenziehen, als wäre es eine dehydrierte Zitrone. Die Kristalle glitzerten, besaßen viele Schattierungen mit Einschlüssen und Spiegelungen, doch wenn Wasser dazukam, war alles dahin. Dann gab es nur noch den Geschmack, den unbeschreiblichen.

Ganz entspannt wollte ich mich vom Fersensitz in den Schneidersitz entwirren, als die allgemeine Aufmerksamkeit genau vor mir stehen blieb und ich angesprochen wurde … erstaunt schaute ich auf:

„Wirklich ich?“

„Ja, bitte!“

Nun fragte ich schon nach und gab meinem Gegenüber die Möglichkeit, sich selbst zu korrigieren. Doch dies phänomenale Angebot wurde nicht angenommen.

Ich könnte vieles sagen, wie „ich möchte nicht“ oder „nimm bitte einen anderen“ oder ich löse mich in Luft auf, wie die Bezaubernde Jeannie, die mit verschränkten Armen nur dreimal nickte, um in die Wüste zu verreisen. Alles möglich, tat ich aber nicht. Ich holte nur tief Luft und ging nach vorne, um einem Prüfling als Konterpart zu helfen. Das ließ sich positiv sehen: Ich wurde nicht selbst geprüft. Die schlechte Nachricht war, dass ich trotzdem im Fokus des Geschehens stand.

Das Realisieren der gegenwärtigen Situation ging sofort einher mit dem Gefühl, sich von sich selbst zu lösen. Wahrscheinlich war das schon der Fehler: Ein von außen betrachten wollen plus Wertung und Nebenbemerkungen, was jetzt gerade mal schief lief. Man kann nicht gleichzeitig zwei Menschen sein. Wie viel blieb dann überhaupt noch an Kapazitäten für das Original, das sich eine Armlänge von seiner Kopie gerade abmühte?

Genau hier lag das Problem bei Prüfungen: Der Fluchtreflex war voll da, als stünde der Säbelzahntiger mit frisch geputzten Hauern vor einem. Das Schlimme lag für diese Sekunde in der Tatsache, dass das Innere dann nur noch kurz die Hand zum Gruß hob und die Chance zum Entschwinden dankend nutzte.

Da stand ich dann mit einem Vakuum im Kopf, das sich wohlwollend über den entstandenen Freiraum äußerte. Fußballfelder unter einem Gewitterhimmel fühlten sich auch so an; also morgens um vier, wenn sich noch kein Mensch darauf befand …

Wieder an meinem Platz schloss ich einen Moment die Augen; das half. Alles kam zurück an Ort und Stelle. In wie vielen Leben war etwas schief gelaufen, dass ich mich immer so aufregen musste? Hmm … im Grunde die falsche Frage. Das hörte sich gewaltig nach einem „Oh, die Arme kann nichts dafür“ an. Wirklich? Wer veranstaltete denn den ganzen inneren Brimborium? Wer tat, konnte auch unterlassen! Das Entziehen einer Situation bot sich wie immer an, war aber im Grunde keine Lösung. Das war ein Drumherum-gehen, kein Durch-gehen.

Brausepulver löste sich mit Wasser auf. Tat ich es nicht dazu, passierte nichts; es glitzerte dann nur noch …


Anm. z. Titel:

Viele Wege führen nach Rom. Egal, welchen wir gehen, solange wir in Bewegung bleiben, kommen wir Stück für Stück unserem Ziel näher.

Anm. z. Titelbild:

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