Es ist eine Frage des Mutes, ob wir Menschen wirklich anstehende Veränderungen sehen wollen. Manchmal erschien es uns, als käme der Storch über Nacht und wir wären nicht darauf vorbereitet. Ich könnte auch sagen: Huch, das T-Shirt ist eingelaufen, durfte ich es etwa nicht mit 90 Grad waschen? Wenn wir in einer stillen Minute wirklich ehrlich zu uns waren, dann überraschten uns die Dinge im eigentlichen Sinne selten. Wir ignorierten sie nur besonders erfolgreich. Mit den Händen vor den Augen glaubten wir, das Schicksal sähe uns nicht und ginge mit schlendernden Schritt einfach an uns vorbei.
Im Grunde standen wir noch heute vor der Herdplatte und dachten über dies merkwürdige Gerät nach. Um Fragen zu ergründen, um Dinge zu verstehen, um bereits vollzogene Veränderungen zu erkennen, bedurfte es oftmals der allergrößten Anstrengungen. Das Verbleiben in einem Altbekannten lag dem Menschen inne, denn es versprach Sicherheit. Was ich kannte, dessen Auswirkungen waren erprobt.
Zum Glück schlummerte dieser Hang zur Ignoranz nicht auf alle Ewigkeit in uns. Das Verharren an dieser Stelle schaffte der menschliche Geist nur zögerlich, denn wir wollten die Herdplatte anfassen, wir wollten ergründen, wir wollten verstehen! Vielleicht mussten wir das Radio in Einzelteile zerlegen, um überhaupt zu begreifen, dass es in diesem Zustand nicht mehr funktionierte. Jeder brauchte Erfahrungen; jeder brauchte Neues und jeder brauchte irgendwann im Leben Brücken, um von einer Erkenntnis zur anderen zu gelangen. Je mehr Möglichkeiten von außen auf uns zukamen, umso schneller durften wir uns entwickeln. Es war ein Herumprobieren; es war ein Kalt, Kalt, Warm und hoffentlich irgendwann Heiß. Das brauchte seine Zeit und konnte die Ressourcen gehörig aufbrauchen.
So standen wir vor sterbenden Walen, die zu viel Plastik im Magen hatten; so standen wir vor der Rodung der Tropenwälder (12 Mio. Hektar pro Jahr[1]) wie ein Raucher, dem die Lunge egal war; so standen wir vor Korruption, Machtgehabe, Krieg, Fremdenhass und Armut. Je nach Land zeigte sich dieses oder jenes Gesicht.
Rückwirkend betrachtet, hatte sich da auf der ganzen Welt eine Menge getan. Was bewirkte positive Veränderungen? Was gab den Anstoß für Neues, Sinnvolleres und Besseres? Was bewegte uns?
Es gab immer nur zwei Dinge: Katastrophen und Wissen! Ein explosives Gebräu, aber unter dem Aspekt der menschlichen Entwicklung war diese Kombination ein unschlagbares Team!
Das Erstere wünschte sich keiner, das kam von allein, egal, ob wir dabei die Hände im Spiel hatten oder nicht. Schmerz, Trauer, Schock, Fassungslosigkeit und Wut besaßen die Macht umstürzender Veränderungen. Nicht immer entstand beim Handeln ein sofortiges sinnvolles Endprodukt, das wohl überlegt unsere Zukunft beeinflusste; es gab aber einen Beginn zu einem weiterführenden Prozess.
Und Wissen? Wissen entsprach wohlgemerkt nicht nur den Fakten, die uns halfen, in der Welt zurechtzukommen. Wissen bedeutete auch die Fähigkeit, vorhandene Informationen zu verbinden, Schlüsse zu ziehen, Handlungsmöglichkeiten zu erdenken und sie schließlich bestmöglich umzusetzen. Wer also Wissen besaß, der war nicht nur im Vorteil. Mit jedem neuen Aspekt konnte dieser seine eigene Wirklichkeit ein klein wenig verlassen und der Realität einen Schritt näher kommen. Wer sich bewegte, der vergrößerte sein Potenzial zur Verbesserung der Welt.
So sollte jeder Mensch ständig die Möglicheit bekommen, sein Wissen zu erweitern:
Warum gab es noch Analphabeten? Warum gab es noch Kinder ohne Schulabschluss? Warum gab es Jugendliche ohne Ausbildung? Warum halfen wir den jungen Menschen nicht, ihre Stärken zu entdecken und zu entwickeln? Warum gab es keine Pflicht zum Sozial- oder Umweltjahr? Wenn wir die Grundlage legten, dann konnte eine gesunde Zukunft entstehen.
Die Menschheit brauchte Wissen, um zu verstehen. Sie brauchte Erfahrung, um richtig zu handeln. Sie brauchte Veränderungen, damit die langsame, generationsübergreifende Entwicklung nicht die Basis aller nahm.
Wenn wir erkennen, dann können wir auch tun …
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WICCA SECRET veranstaltete zum Thema „Neue Welt“ eine Blog-Parade, um die Versionen einer möglichen besseren Zukunft zu sammeln. Dieser Text entstand aufgrund dessen.
Meines Erachtens ist es nicht nur ein Zusammentragen von Ideen, sondern auch eine Möglichkeit der eigenen Positionierung; wenn jemand Stellung bezog, dann musste unweigerlich Gegebenes für einen Moment infrage gestellt werden. Vielen Dank für die Organisation!
[1] https://www.regenwald.org/news/9323/fuer-tropenholz-und-palmoelplantagen-regenwaldvernichtung-immer-schlimmer
Anm. z. Bild: Photo by Jaredd Craig on Unsplash
Liebe Christine,
danke für Deinen Gedankenanstoss.
Ich weiß nicht, ob man das mit der Ignoranz so sagen kann: Wissen ist oftmals das Resultat aus einer Erfahrung mit Unbekanntem. Beispiel: Verbrennen am Feuer oder das Anfassen einer angeschalteten Herdplatte. Oft ist Wissen auch eine Nachahmung von Aktionen Anderer. Beispiel: man sieht, wie ein Affe auf einen Baum klettert und sich eine Frucht pflückt. Manchmal auch eine Zündung aus Erkenntnis. Beispiel: ein Stein rollt bergab, Ideenblitz: Rad. Natürlich gibt es auch „erforschtes“ Wissen, sobald eine Basis vorhanden war, die breit genug war, sie auszubauen.
Aber auf der anderen Seite heißt Wissen und seine Anwendung ja noch lange nicht per se auch Perfektion. Beispiel: Erfindung des Verbrennungsmotors. Er hat großen Fortschritt gebracht, aber auch große Probleme, die erst heutzutage in den Vordergrund treten: Umweltverschmutzung. Ist diese Erfindung also tatsächlich ein Fortschritt gewesen? Oder die Nutzung der Kernenergie mit ihren unlösbaren Problemen der Entsorgung?
Ich bin mir nicht sicher, ob die Menschheit wirklich immer mehr Wissen braucht, und die Erfahrung steht irgendwann sowieso nur in verstaubten Antiquaren herum, denn auch sie ist zu kurzlebig, wie man an den Rechtsrucken überall sieht. Die Bibeln haben ausgedient, aber wir haben keine neuen Leitfäden. DAS halte ich für das Hauptproblem.
LG Werner
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Lieber Werner,
Wissen macht uns nicht perfekt und mögen wir noch so viel davon besitzen. Doch je mehr Informationen oder Verbindungen zwischen den einzelnen Aspekten vorhanden sind, desto näher kommen wir dem, was wir als einen richtigen Weg, eine richtige Entscheidung oder richtige Entwicklung anerkennen können. Je mehr Wissen wir besitzen, umso klarer können wir zwischen Positionen abwägen.
Jeder Erfindung der Menschheit steht nicht solitär im Raum. Sie ist immer umgeben, von anderen entwickelten „Abfallprodukten“, die der Menschheit augenscheinlich mehr brachten, als es ein Verbrennungsmotor vielleicht könnte. Selbst wenn wir mit bitteren Erfahrungen zu kämpfen haben, da wir durch Erfindungen mitunter Umweltsünden begangen, so bin ich dennoch zutiefst davon überzeugt, dass diese uns in Zukunft eventuell von weiteren Fehlentscheidungen schützen kann; jede Erfahrung wird irgendwann zum Nährboden von weiteren Entscheidungen. Das ist ihr eigentlicher Wert.
Ich danke Dir für Deine Überlegung!
Lieben Gruß
Christine
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Lieber Werner, liebe Christine, jetzt habe ich alles drei Mal gelesen und komme zu dem Schluss, wir brauchen unbedingt mehr Wissen! Egal, ob aus Forschung, oder Erfahrung mit Unbekanntem, oder Nachahmung. Werden wir nicht sonst bei dieser Schnelllebigkeit wirklich überrascht? Es ist außer Frage, dass wir hier und da dabei irgendwelchen Mist bauen, weil wir es nicht überblicken. Andererseits birgt es doch die Möglichkeit, doch noch mal etwas mehr von dem unglaublichen Farbspektrum, das uns umgibt, mit zu bekommen. Nicht nur die 8 %, die das Auge wirklich sieht! Wir brauchen unbedingt auch das Positive um das Dunkle bewältigen zu können. Darauf hoffe ich!! Lieben Gruß an Euch, Angelika
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Das sehe ich absolut genauso! 😀 Viele liebe Grüße zurück, Angelika, und danke für Deine Worte!
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Hallo Christine, das ist ein schöner Ansatz und wohl auch einer, der sehr früh einsetzt. Die Möglichkeit auf Wissen sollte jeder Mensch auf dieser Welt haben, denn es gehört zu einer der Eigenschaften, die uns Menschen aus macht.
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Hallo Sovely, danke Dir! Deine Formulierung über die Eigenschaften des Menschen finde ich schön. Wir können Wissen speichern, anwenden, verbinden und vor allem weitergeben, sei es zu einem Gegenüber oder über die Generationen hinweg; dies ist wirklich ein ganz besonderer Teil von uns!
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