Die Rückseite des Mondes

Mit einer Kanne Kaffee saß ich mit dem Rücken an der Hauswand auf meinem Kissen in der Abendsonne. Es zeigten sich nur noch zehn Meter links und rechts von mir die rosa Strahlen des wirklich schönen Tages. Wenn meine Augen sich ein klein wenig schlossen, war nur noch das Glitzern, die seitlichen Streifen und das Funkeln des Himmelskörpers zu sehen. Ich fühlte mich beschenkt.

Der Tag brachte Vieles und das Meiste konnte ich weiter auf seinen Weg schicken. Ich bekam aber auch etwas, was mich dazu bewog, mir ganz bewusst einen Moment der Ruhe zu suchen. Ich wollte nicht dahindämmern, deshalb der Kaffee. Ich wollte nachdenken.

Vor keiner halben Stunde las ich:

„Ein Umstand wird erst zu einem Problem, wenn man es zum Selbigen erklärt!“ Mmmh…

Wer kannte nicht das Gefühl des sicheren Wissens? Niemand erzählte es mir, kein Buch informierte mich, keine Doku hielt mich auf dem neuesten Stand und trotzdem würde ich für so manches meine Hand ins Feuer legen. Es gab unverrückbare Wahrheiten. Dinge, die das Universum mit jedem kleinen Licht verriet. Es brauchte nicht gesucht werden, es war einfach da, wie Krumen auf dem Weg; jeder durfte sie aufnehmen oder liegen lassen.

So gab es aber auch andere Dinge, die erst durch mehrmaliges in die Hand nehmen und Drehen ihre Geheimnisse verrieten. Das war aber auch in Ordnung. Ich wollte nicht alles geschenkt bekommen. Es konnte sich auch gut anfühlen, wenn sich die Wahrheiten mit der Zeit offenbarten und ihre Geheimnisse erst langsam gleich einer wunderschönen Blume zur Betrachtung frei gaben.

Manche Sätze standen einfach da, beinhalteten Worte, die in ihrem Zusammenhang zu einem Vielfachen wurden und tausend Facetten besaßen. Ich kam mir vor, als nähme ich ein Bild und würde es mit einem Bearbeitungsprogramm verändern, um die besonderen Inhalte betont herauszufiltern.

Die Wärme der Sonne fand mein Gesicht und mein Inneres…Angenommen, ich würde meine Wirklichkeit verändern, denn sie war durchflochten mit dem Guten und dem Schönen, aber auch mit Unsicherheiten und Ängsten. Dies Flechtwerk war meine Wahrnehmung des Ist-Zustandes. Angenommen, ich würde endlich damit beginnen, die Realität als solche zu erkennen. Natürlich würde ich als Mensch niemals das Absolute erfassen können, dafür bin ich ein Mensch mit Emotionen, guten und schlechten Gefühlen und mit tausend Wünschen, die sich über all diese Gedankenbilder legten. Ich möchte nicht anderes sein, auch wenn diese Melange ein schiefes Bild ergab.

Denn im Grunde war es unwichtig, ob ich einer Wirklichkeit oder Realität folgte. Wichtig war dann mein Ergebnis, das dann wiederum ihren Einfluss auf all die anderen Leben um mich herum nahm. Die Wichtigkeit einer Unterscheidung war lediglich dann gegeben, wenn mein buntes Bild eine solche Schieflage verursachte, dass auf einer geraden Strecke plötzlich Umwege erschienen, die überhaupt nicht notwendig waren. Ich könnte durchmarschieren mit einem festen und geraden Sinn, der all die Probleme beiseiteschob oder sogar besser, diese als nichtig erklärte und meinen Blick auf den Horizont richten ließ. Denn dort zog sich das Universum zu einem Gesamtbild zusammen: Die Welt und ich oder ich und die Welt und irgendwann einfach nur „die Welt“.

Ein Umstand wird erst zu einem Problem, wenn man es zum Selbigen erklärt!

Angenommen, die Welt bliebe auch bestehen, wenn ich mit meinen Gedanken dazu überginge, die Betrachtung von oben in meine Beurteilung einfließen zu lassen. Mein Handeln wäre anders. Es könnte freier agieren. Das wäre gut…Das war gut und fühlte sich gut an.

Meine Kaffeekanne besaß keinen Tropfen mehr, die Sonnenscheibe verschwand bereits hinterm Horizont und doch verblieb sie in mir, um mich zu tragen.

Langsam stand ich auf. Ich würde jetzt beginnen. Genau an dieser Stelle würde ich diese Worte hinter meinen Seelen-Spiegel klemmen, um sie immer wieder zu betrachten. Denn die Erinnerung an das Besondere war der Schlüssel, der uns das nächste Tor mit weitem Schwung öffnete. Und ich wollte immer einen Blick dahinter werfen! Denn…

…Stufen fanden sich überall. Die Sicht war einfach besser!

 

Anm. z. Titel:

Manchmal brauchten wir einen Schubser von außen, um die Wege zu erkennen, die immer schon da waren.