Matador

Die Sonne brennt ihre Spur tief in die Haut. Gaze schützt flatternd die Köpfe der eng sitzenden Zuschauer. Gerüche des Sommers wehen vom Meer, jeder Atemzug schmeckt nach Salz; das Holz der Barrikaden heizt sich auf und vermengt sich mit dem Duft des schwer atmenden Tieres. Spannung sammelt sich über den Köpfen aller; ein Warten auf Leben und Tod, das den Betrachter das eigene Leben in Sicherheit wiegen lässt; Männer und Frauen unterwerfen sich einer freiwilligen Lust zur Grenzerfahrung.

Der Matador steht versunken am Rand des Geschehens. Die Menge berührt ihn nicht, seine Gestalt zeigt die volle Spannung des bald Kämpfenden. Die Hand führt mit leichten Bewegungen die Muleta in kreisenden Bewegungen, als stünde der Stier bereits vor ihm. Es ist aber die eigene innere Energie, die ihn schon gedanklich auf das Kommende vorbereitet.

Das Publikum verstummt, der Stier scharrt mit den Hufen, er spürt seinen Feind, er spürt die Schmerzen, die ihm bereits zugeführt werden, um ihn in seiner Wut zu reizen.

Sie stehen sich auf dem sandigen Boden gegenüber und teilen die Arena in zwei Hälften: Geht der Eine einen Schritt, so tänzelt der Andere ebenso. Der Matador fokussiert seinen Gegner. Ganz leicht bewegt er sein Tuch, um den Blick des Stiers zu bündeln; er wartet auf ihn. Der Reiz liegt im Freiraum der Bewegungen, die Welt liegt in der gegenseitigen Wahrnehmung: einem Schritt folgt ein Stampfen, ein nervöses Zucken des Tierrückens bewegt die Hand. Immer wieder wechseln schnelle und harte Züge mit dem Fließen von nur Angedeutetem im tiefen Sand. Ein Aufschrei der johlenden Menge begleitet die ersten Spuren des in der Sonne glänzenden Blutes, das sich in den Augen des Matadors widerspiegelt; für den Zuschauer ist dieser der perfekte Bringer des Todes, mit seinen zusammengebunden Haaren, ebenmäßigen schönen Zügen und einer Haltung des Stolzes.

An diesem Sonnentag am Meer wehrt sich ein Leben mit einem ebenso erhobenen Haupt und bringt den Matador in Bedrängnis, beide kämpfen um ihr Leben, beide stehen fest im Sand. Ein Aufspringen der Picadores lässt den Atem der Zuschauer stocken; eine kleine Handbewegung des nun am Boden liegenden Verletzten hält sie von seinem Gegner zurück. Ebenso verharrt der Stier und erhält damit sein Leben. Respekt vor der Leistung eines um den Tod Kämpfenden gibt diesem Tag in der Sonne die Leichtigkeit des Seins zurück. So trägt der Wind das Salz der Erde weiter…